Heute möchte ich einmal den Begriff „Corona-Gewinner“ beleuchten, der öfter im Zusammenhang mit der Börse fällt – einerseits ist dieser beinahe als zynisch zu bezeichnen, wie kann man schließlich in einer weltweiten Pandemie gewinnen? Andererseits steckt dahinter ein interessantes Börsen-Phänomen:
Als „Corona-Gewinner“ werden generell Firmen bezeichnet, die als Profiteure aus der Pandemie gehen, die also eher Aufschwung als Krise in den letzten Monaten erlebt haben. Hierzu zählen primär 4 Gruppen:
- Hersteller von Impfstoffen und Tests
Insbesondere BioNTech, Moderna, AstraZeneca und Johnson&Johnson sowie deren Vertragspartner wie Pfizer können in der Regel deutliche Steigerungen in Umsatz und Gewinn seit Beginn der Pandemie vorweisen, ebenso Hersteller von Tests wie die deutsche NanoRepro. - Hersteller rund um Videokonferenzen
Aufgrund der Homeoffice-Maßnahmen und ausgefallener Geschäftsreisen und Konferenzen haben Videokonferenzen enormen Zulauf erfahren. Allen voran Zoom hat seine Umsätze massiv ausgeweitet seit Beginn der Pandemie aber auch Hersteller von Laptops (z.B. Lenovo) , Videocameras (z.B. Logitech) und Netzwerk-Technologie (z.B. AVM) aufgrund des Ausbaus privater WLANs. - Lieferdienste
Die Verlagerung der Mittagspause ins Homeoffice hat darüber hinaus Lieferdiensten und Herstellern von Convenience-Nahrung einen enormen Boom beschert, allen voran HelloFresh – auf diese komme ich gleich noch, Lieferando und auch Lebensmittel-Lieferdienste wie Gorillas oder Flaschenpost, welche die Pandemie geschickt für deren Expansion in weitere Standorte genutzt haben. - Streaming-Dienstleister
Auch Netflix, Amazon Prime Video, Disney+ und weitere haben von Quarantäne, Lockdowns und insgesamt einem reduzierten Ausgeh-Verhalten profitiert und konnten deren jeweilige Kundenbasis massiv ausbauen.
Einerseits also beruhigend, dass es neben den unzähligen Unternehmen, welche auch wirtschaftlich unter der Pandemie litten und durch Kurzarbeit und Überbrückungsgeldern unterstützt werden mussten, auch Gewinner in Pandemiezeiten gibt.
Andererseits sind diese Unternehmen hierdurch auch wirtschaftlich abhängig von Corona (ein weiteres Paradoxon), hängt die Erwartung in den weiteren wirtschaftlichen Erfolg der Firma doch stark mit dem weiteren Verlauf von Corona zusammen. Anders formuliert, bedeuten schlechte Corona-Perspektiven tendenziell steigende Aktienkurse dieser Unternehmen und umgekehrt. Dies konnte auch gestern wieder beobachtet werden:
Die aktuelle Omikron-Variante des Virus bedeutet zwar steigende Infektionszahlen, dabei jedoch weniger Intensivpatienten so dass mittelfristig auf eine starke „Durchseuchung“ und damit „Herdenimmunität“ gehofft werden kann. Diese für die Menschheit erfreuliche Nachricht resultierte in einem Rückgang des Aktienkurses von HelloFresh um gut 10% – an einem Tag, aufgrund einer Meldung und ohne dass sich beim betroffenen Unternehmen irgend etwas geändert hätte!
Es sind psychologische Entwicklungen wie diese, die mich an der Börse so begeistern – auch wenn der Anlass zumindest in diesem Fall sehr bedauerlich ist. Hoffen wir, dass die Pandemie bald vorbei ist und Corona-Verlierer so wieder zu Gewinnern werden…