Trend: Frugalismus

Frugalismus: Zwei 20-Euro-Scheine in Mausefalle als Symbol für Sparen

Durch meine intensive Beschäftigung mit dem Blog lerne ich immer wieder neue Themen und Inhalte kennen, was ich sehr schätze.
So bin ich kürzlich auch über meine Instagram-Seite auf den Begriff des Frugalismus gestolpert, der mir bis dahin noch nichts sagte. Durch meine Recherche daraufhin bin ich auf ein spannendes Thema gestoßen, welches ich heute mit Euch teilen möchte:

Hinter Frugalismus steckt kurz umrissen das Konzept des bewussten Verzichts, um Geld zu sparen welches angelegt wird, um dann möglichst früh in Ruhestand gegen zu können. Klingt erst mal bekannt und nachvollziehbar, spannend wird es erst wenn man liest dass das geplante Alter für den Ruhestand bei 40 Jahren liegt! Und dann ist das Ziel nicht, bis zum Lebensende nichts mehr zu arbeiten, sondern vielmehr ein selbst bestimmtes Leben zu führen, sprich selbständig oder sozial zu Arbeiten und nur noch das zu tun, was einem Sinn vermittelt.

Interessant, dachte ich mir, auch wenn ich mit meinem aktuellen Alter und durch den späten Beginn meiner Börseninvests nicht mehr dafür in Frage komme. Doch lasst uns von vorne beginnen:

Frugalismus – Herkunft
Nach der Finanzkrise ist ab 2007 in Amerika eine Bewegung entstanden, die sich mit „FIRE“ („Financial Independence, Retire Early“, zu deutsch also „Finanzielle Unabhängigkeit, Früher Ruhestand“) beschreibt. Dies ist die Grundidee, aus der sich dann der Frugalismus entwickelt hat. Seit etwa 2011 ist diese Bewegung auch nach Europa rüber geschwappt, der Begriff „Frugalismus“ kam auf. Der Begriff ist abgeleitet vom lateinischen „frugalis“ – zu Deutsch „genügsam“ oder auch „sparsam“.

Bewusster Konsum bzw. bewusster Verzicht
Die Grundlage dieser Bewegung ist der bewusste Konsum bzw. der bewusste Verzicht – dies steht ja auch bei den Minimalisten im Vordergrund, allerdings ist diesen das Thema des Vermögensaufbaus mit dem Ziel der finanziellen Unabhängigkeit nicht so wichtig.
Darüber hinaus legen auch Frugalisten Wert auf die Langlebigkeit von Produkten und interessieren sich für deren Herkunft und Herstellungsbedingungen wie Ökobilanz und prüfen auch die Optionen, Dinge zu reparieren (Repair-Cafés) oder gleich selber zu machen.
Gemäß dieser Einstellung enthalten die gängigsten Tipps für Frugalisten Punkte wie
* Zieh in eine kleinere Wohnung
* Fahre Fahrrad oder geh zu Fuß anstelle eines eigenen Autos
* Verkaufe Dinge, die Du nicht brauchst
* Kaufe gebrauchte Gegenstände, repariere defekte Dinge
* Koche selber und geh nicht so häufig essen

Vermögensaufbau
Das gesparte Geld verwenden Frugalisten für geschickten Vermögensaufbau mittels Aktien oder auch ETFs: Hierbei gehen Frugalisten nicht spekulativ vor, vielmehr streuen sie das Risiko und halten ihre Invests lange, um von Dividenden und Zinseszinsen zu profitieren. Und natürlich spielen auch hier die Kosten des Brokers eine Rolle, weshalb Neobroker wie finanzen.net zero, flatex oder Trade Rebublic hoch im Kurs stehen dürften.
Ein Großteil der Anhänger des Frugalismus gehören zur oberen Mittelschicht, wodurch das Ziel der finanziellen Unabhängigkeit entsprechend schneller erreicht werden kann dank höherer Löhne: Je geringer der Anteil von Fixkosten und weiterer Ausgaben am Gehalt ist, desto mehr kann investiert werden und umso schneller ist das Ziel erreicht.
Ferner ist natürlich das Alter zum Einstieg in den Frugalismus wichtig, je früher man mit dem Sparen beginnt, umso schneller ist wiederum das Ziel erreicht, zumal auch hier der Zinseszins-Effekt zum Tragen kommt. Ich nächsten Absatz habe ich hierzu eine Kalkulation angestellt:

Kalkulationsmodelle
Während der durchschnittliche Deutsche Haushalt ca. 10% seines Einkommens spart, ist das Ziel der Frugalisten eine wesentlich höhere Quote: Mindestens 30% des monatlichen Einkommens sollten zurückgelegt werden, häufig ist dieser Anteil deutlich höher – wie zuvor erwähnt ist dieser Wert abhängig von der Höhe des Regeleinkommens.
Da der Begriff der „finanziellen Unabhängigkeit“ nicht exakt definiert werden kann und abhängig von den individuellen Ansprüchen und Bedürfnissen ist, kann man als Faustregel veranschlagen, dass man grob das 25-fache seiner jährlichen Ausgaben gespart haben sollte, um ein unabhängiges Leben führen zu können.

Lasst uns das einmal an einem fiktiven Beispiel eines gehobenen Einkommens durchspielen:
Angenommen Du verfügst über ein monatliches Netto-Einkommen von EUR 3.700.- und hast ca. EUR 1.000.- Ausgaben pro Monat (Warmmiete, Lebensmittel, Versicherungen und sonstige Aufwände). Somit könntest Du als Frugalist rund EUR 2.700.- pro Monat investieren. Dein jährlicher Investitionsbetrag wären somit EUR 32.400.-, was einer Sparquote von satten 73% entspräche. Innerhalb von 10 Jahren würdest Du bei einer angenommenen jährlichen Rendite von 5% (eher konservativ gedacht) ordentliche EUR 427.900.- (Gesamtrendite: 32%) erzielen. Bei angenommenen 7% Jahresrendite würden daraus bereits EUR 479.000.- (Gesamtrendite 48%).
Beide Werte entsprechen locker dem 25-fachen der jährlichen Kosten von EUR 12.000.- plus weiterer Sonderzahlungen.

Anhand dieser Zahlen sieht man also deutlich, dass ein früherer Ruhestand keineswegs unrealistisch ist, wenn man über ein entsprechend hohes Gehalt verfügt, sich einschränkt und das gesparte Geld frühzeitig investiert. Es muss ja nicht mit 40 sein, auch ein Vorruhestand mit 55 hat durchaus seinen Charme!

Finanzielle Unabhängigkeit und dann?
Da Forscher davon ausgehen, dass nur die wenigsten Menschen im jüngeren Alter komplett ohne Arbeit (und damit Aufgabe) auskommen dürften, sollte ein derartiger Vorruhestand gut geplant sein: Was passiert nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben und gegebenenfalls einer anschließenden Orientierungsphase – welche Interessen hat man, welche zukünftige Beschäftigung (Ehrenamt, Unterstützung Anderer, Firmengründung, Beratung, …) kann man sich vorstellen?
Ohne einen Planung vorab ist das Risiko nämlich groß, dass man in ein Loch fällt oder anderweitig unzufrieden ist mit seinem Leben und der eigentlich gewonnenen Freiheit.

Mein Fazit
Nachdem ich mich eingehender mit dem Konstrukt des Frugalismus auseinandergesetzt habe, überzeugen mich einerseits dessen Aspekte des bewussten Konsums bzw. des bewussten Verzichts, diese kommen meinen Vorstellungen eines reduzierteren Lebenswandels (insbesondere was Müll und Rohstoffe angeht) absolut entgegen. Auch der Plan von längerfristigen, diversifizierten Invests kommt meinen Ansichten entgegen.
Andererseits bin ich persönlich etwas skeptisch gegenüber jeglichen Extremen – so kann ich für mich persönlich nicht nachvollziehen auf alles Mögliche zu verzichten (Urlaube, gewisse Annehmlichkeiten wie Gastronomie und Kultur), nur um möglichst schnell aus dem Berufsleben auszusteigen: Schließlich macht mir mein Job Spaß und erfüllt mich zu einem wesentlichen Teil auch mit Sinnhaftigkeit.
So kann ich für mich dieses extreme „Hinarbeiten“ auf den Ruhestand nur dann erklären, wenn eine deutliche Unzufriedenheit mit dem aktuellen Job und gleichzeitig eine deutliche Vorstellung von Alternativen vorherrscht, beispielsweise eine soziale, nachhaltige Tätigkeit ohne oder mit lediglich geringer Bezahlung anstelle des jetzigen gutbezahlten aber nicht relevant erscheinenden Jobs.
Dann ist ein klarer Fokus auf nachhaltiges Investieren für einen möglichst zeitnahen Ausstieg aus dem Job sicherlich sinnvoll.
Wie so oft muss es ja nicht nur Schwarz oder Weiß geben, das Ziel einer Altersteilzeit mit gleichzeitig ehrenamtlichem Engagement erscheint mir durchaus erstrebenswert und sinnvoll.
Wie denkst Du darüber? Kommentare und Gedanken gerne unten als Kommentar!

Schreibe einen Kommentar