Eine alte Börsenweisheit besagt „Sell in May and go away. But remember to come back in September!“ – angesichts der wenig vielversprechenden Zukunftsaussichten aktuell (Ukraine, Inflation, gestiegene Energiepreise, …) könnte der Maiainfang zum Nachdenken darüber anregen. Als nachhaltig und damit langfristig angelegter Investor stehe ich dieser Aussage grundsätzlich kritisch gegenüber, doch lasst uns mal genauer drauf schauen:
Ursprung
Der Hintergrund für diese Börsenstrategie liegt darin begründet, dass in den Wintermonaten ab Oktober bis ca. April die Aktienperformance in der Regel besser verläuft, als in den Sommermonaten.
Ursprünglich kommt dieser Spruch wohl aus England, wo Bänker und Händler das heiße London im Sommer gerne zugunsten einer frischeren Briese in ländlichen Gegenden verließen. Auch in Amerika nutzen Angestellte verstärkt die Sommermonate für Urlaubsreisen, so dass der Spruch auch hier schnell Verbreitung fand.
Rückblick
Ein Blick auf die Börsenkurse der Vergangenheit zeigt – zumindest bis 2013 – in der Tat eine deutlich schwächere Performance internationaler Aktienwerte in den Sommermonaten. Insbesondere 2017 zeigte jedoch eine sehr starke Performance in den Sommermonaten und jüngere Studien scheinen ebenfalls dieses Verhalten zu widerlegen. Vermutlich gehören ehemals geringere Börsenaktivitäten in den Sommermonaten inzwischen der Vergangenheit an, insbesondere nachdem die Anzahl der an Börsen aktiven Privatpersonen immer weiter steigt dürfte hier eine Verwässerung eintreten.
Ausblick
Natürlich vermag niemand zu prognostizieren, wie sich die aktuelle Situation an den Börsen in den nächsten Monaten weiter entwickelt. Grundsätzlich war ja zum Jahresende 2021 immer wieder die Rede davon dass die Börse allgemein, vor Allem jedoch zahlreiche Titel im Tech-Bereich deutlich überzeichnet seien, seit Anfang des Jahres 2022 setzte dann auch prompt eine deutliche Kurskorrektur bei den meisten Titeln ein, welche durch den Krieg in der Ukraine noch weiter beschleunigt wurde. Insbesondere Tech-Titel verloren in dieser Zeit gerne mal 30%, einige sogar noch mehr.
Geht man nun davon aus, dass die sogenannte „Bodenbildung“ eingesetzt hat, die Investoren also ihre Portfolios weitgehend bereinigt haben und die meisten Aktien somit vorerst ihren Tiefstand erreicht haben, könnte man auf zukünftig steigende Kurse hoffen.
Ein Verkauf zum aktuell (angenommenen) Tiefstand vieler Aktien wäre somit ein Verlustgeschäft! Glaubt man einer anderen Börsenweisheit dass es langfristig an der Börse nur aufwärts geht, kann man also getrost die nächsten Monate investiert bleiben und das Geschehen weiter aktiv beobachten.
Fazit
Als nachhaltiger Investor sollte man ohnehin längerfristig in den Firmen und deren Aktien investiert bleiben, für die man sich entschieden hat. Aber auch Analysen belegen nicht eindeutig die Notwendigkeit, sich jetzt von seinen Aktien zu trennen.
Die seit Jahresanfang zumeist gesunkenen Aktienkurse sprechen nicht dafür, damit aktuell einen „Reibach“ zu machen. Rechnet man dann noch die anfallenden Transaktionsgebühren mit ein (siehe mein Vergleich der Onlinebroker), kann die Rechnung auch schnell nach hinten los gehen.
Dies ist jedoch kein Freibrief dazu, sich bis zum Herbst von der Börse fernzuhalten und sein Portfolio nicht im Blick zu behalten – alleine schon aufgrund der kritischen Zukunftsperspektive und den Schwankungen vor Allem bei Tech-Aktien sollte man diese weiterhin gut im Auge behalten und ggf. kurzfristig auf Entwicklungen reagieren.
Ich bleibe jedenfalls in meinen Titeln investiert, schaue weiterhin genau hin und werde Euch natürlich auf dem Laufenden halten, was die weitere Entwicklung angeht.