Der Krieg, die Börse und die Moral

Verwelkte Tulpen in Blumenvase

Die massiven Verluste an der Börse aufgrund Putins Kriegsaktivitäten lassen viele Anleger aktuell zweifeln: Soll ich mich von der Börse zurückziehen oder im Gegenteil gerade jetzt investieren und wenn ja, in welche Titel? Mit den nachfolgenden Gedanken möchte ich Euch ein paar Denkanstöße geben:

Rückzug oder Investieren?
Da ich meine Investition in Aktien -und damit in die dahinterliegenden Firmen – als nachhaltige und damit langfristige Anlage betrachte, kommt für mich ein Rückzug von der Börse nicht infrage, auch wenn der Blick ins Depot aktuell keine Freude macht.
Im Gegenteil: Wenn man nicht gerade vom Schlimmsten (einem weiteren Weltkrieg) ausgeht, ist jetzt ein guter Zeitpunkt um sein Portfolio günstig um weitere Werte aufzustocken: Da die Börse immer ein Blick in die Zukunft ist und diese sich langfristig stets positiv entwickelt hat, könnte die Talsohle der Kursrutsche also allmählich durchschritten sein. Ich habe seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine mein Portfolio um einen Wunschtitel erweitert und beobachte gespannt die Entwicklung der Börse in den nächsten Tagen.

Investitionen in Kriegsprofiteure
Nach der Ankündigung der Bundesregierung, mehr als 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr zu investieren, sind die Aktien von Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall , Hensoldt , Lockheed Martin oder Thales umgehend massiv gestiegen, teilweise um über 60 Prozent innerhalb einer Woche.
Dennoch argumentieren viele Einrichtungen und Privatanleger mit dem Argument, kein Geld mit dem Leiden anderer Leute verdienen zu wollen, gegen ein Invest in diese Firmen. Ich unterstütze diese Einstellung absolut, würde auch nicht in derartige Firmen investieren, dennoch sollte auch das Gegenargument berücksichtigt werden, welches auch die Bundesregierungen zum Umdenken gebracht hat: Diese Firmen dienen indirekt mit Panzerabwehrsystemen auch der Friedenssicherung – ich bin überzeugt davon, dass Putin ohne die Nato als Gegenspieler bereits viel früher und massiver gegen die Ukraine und weitere Staaten der ehemaligen UDSSR vorgegangen wäre.
Dennoch investiere ich wie erwähnt lieber in Firmen, die gar nicht erst in derartige Konflikte involviert sind.

Investitionen nach Russland stoppen?
Sogar die ansonsten neutrale Schweiz sendet aktuell durch das Einfrieren russischer Konten klare politische Signale gegen Russland. Dies ist auch wichtig, ist es doch das stärkste Druckmittel gegen Putin. Auch wirtschaftliche Beziehungen zu Firmen in der Hand der russischen Regierung oder russischer Oligarchen (z.B. Gazprom oder russische Großbanken wie Sberbank) gehören sanktioniert, um das Regime Putins zum Einlenken zu bringen.
Ein genereller Abbruch von Handelsbeziehungen oder Investition mit und in Firmen, die in Russland tätig sind ist wiederum nicht sozial nachhaltig, da hiervon alle Russen betroffen sind, was Arbeitsplätze oder Produktion lebensnotweniger Güter angeht – auch hier ist also wieder Verstand und Augenmaß nötig. Ein Rückzug aus russischen Firmen ist aktuell ohnehin nicht so einfach, da die Russen ihre Börsen ja wohlweislich für den Handel geschlossen haben.

ETFs und Russland
Gerade Personen, die in Aktienfonds investiert haben, sind häufig indirekt und ohne ihr Wissen an russischen Firmen beteiligt, zum Beispiel durch Fonds für „Emerging Markets“ oder Rohstoffe. MSCI, der größte internationale Anbieter von Fonds „bereinigt“ aktuell seine Fonds, so wird der Index für Schwellenländer in den nächsten Tagen Beteiligungen in russische Firmen streichen. Andere Anbieter haben bereits entsprechende Schritte ihrerseits angekündigt. Um derartige „Fehlinvestitionen“ zukünftig zu vermeiden, ist es wichtig, bei Investitionen in Fonds die Einhaltung von „ESG“-Kriterien (Environment, Social, Governance, also verantwortungsvolle Unternehmensführung) zu berücksichtigen, hiermit werden Invests in derart kritische Unternehmungen vermieden.

Alternative Anlagemöglichkeiten
Nun stellt sich natürlich die Frage, in welche Länder oder Branchen alternativ investiert werden kann, um sein Portfolio zu diversifizieren:
China wird hier immer wieder genannt, schließlich verhält es sich (zumindest aktuell noch) neutral gegenüber Putin uns seinen Aktivitäten. Andererseits muss einem Investor bewusst sein, dass China ebenfalls Menschenrechte missachtet und vermutet wird, dass China die Aktivitäten Putins sehr genau beobachtet als mögliche Blaupause für deren Einmarsch in Taiwan!
Bleiben noch Rohstoff-Aktien, Gold ist aktuell massiv im Steigen als „sicheres“
Edelmetall, welches Aktien im Portfolio ergänzt und absichert. Sollten Sie lieber indirekt über Aktien in Rohstoffe investieren wollen, sind Aktien von Goldminen eine passende Quelle, z.B. Royal Gold, welche nicht selber Minen betreiben, sondern vielmehr Bergbau-Konzessionen an Minenbetreiber vergeben und diese bei der Finanzierung ihrer Projekte unterstützt. So erzielt das Unternehmen mit minimalem personellen Einsatz massive Umsätze.
Ein weiteres Feld sind die von mir ohnehin favorisierten Invests in alternative Energien: Um die Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen zu reduzieren, haben diese seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine teilweise deutliche Gewinne erzielt, so zum Beispiel SolarEdge, Plug Power oder Vestas Wind – hier wurden im Gegensatz zu sonstigen Aktien Kursgewinne von bis zu 40% plus innerhalb einer Woche seit Kriegsbeginn in der Ukraine erzielt. Einzige Hemmnis für weiteres Wachstum scheint auch hier die Themen Chipmangel und Lieferengpässe zu sein, welche die meisten produzierenden Unternehmen aktuell noch einengen.

Fazit:
Auch wenn es aktuell wenig Spaß macht, sein Börsen-Depot zu beobachten, solltest Du als langfristig orientierter Anleger Geduld haben, die Börse auf steigende Kurse hin beobachten um über Invests in günstige Aktien nachzudenken, sobald die Talsohle durchschritten ist. Portfolios (insbesondere ETFs) sollten kurzfristig auf Investitionen in russische Staatsfirmen hin untersucht werden – von einem Stopp von Investments in Firmen mit Geschäftsbeziehungen nach Russland würde ich jedoch abraten, um nicht die gesamte russische Bevölkerung noch tiefer ins Elend zu ziehen.
Wie immer freue ich mich über Deine Gedanken oder Dein Feedback als Kommentar unter diesem Text!

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