Verkaufen ist schwieriger als Kaufen

Börsenkurse im Display mit Wolkenkratzern im Hintergrund

Das Internet ist voll von Empfehlungen, welche Aktien aktuell aus welchen Gründen attraktiv für einen Kauf, also die Aufnahme ins Portfolio sind. Schwieriger wird es da schon mit Empfehlungen zum Verkauf bestimmter Aktien zum jeweiligen Zeitpunkt – doch auch dies gehört zum erfolgreichen Portfolio-Management dazu!

Es gibt immer wieder Einschätzungen von Finanzdienstleistern zu einzelnen Aktien (buy, hold, sell, outperform, usw.) sowie Analysen von Charts, die Stoppkurse definieren. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn all dies sind natürlich nur Einschätzungen und Berechnungen, außerdem hast Du ja Deine eigene Strategie zum Investment in Aktien, z.B. wie langfristig Du in die einzelnen Firmen investieren willst, oder wie Risiko-bereit Du bist.

Grundsätzlich sagt man ja dass sich ein langfristiges Investment in Aktien fast immer lohnt, da die Börse grundsätzlich langfristig wächst, der Durchschnitt aller Kurse also steigt. Dennoch gibt es natürlich einzelne Unternehmen, welche aus unterschiedlichsten Gründen in Probleme geraten und damit den Aktienkurs runterziehen, im Zweifelsfall geht dies bis zur Insolvenz (vgl. Lehman Brothers oder Wirecard). Dann gibt es Phasen, die dem Aktienkurs einzelner Unternehmen nutzen oder schaden können (vgl. „Corona-Gewinner„) und die nicht ewig anhalten.

Es kann also durchaus sinnvoll sein, die Kurse der investierten Unternehmen regelmäßig zu überprüfen und im Zweifelsfall auch mal mit einem Verkauf zu reagieren. Dies gilt übrigens auch für den gegenteiligen Fall, sprich wenn eine Aktien besonders gut performt und Du den Gewinn sichern willst, bevor der Kurs der Aktie wieder sinkt.

Derartige Verkäufe passieren idealerweise automatisiert, das spart Dir einerseits Zeit da Du nicht ständig alle Aktienkurse der Unternehmen in Deinem Portfolio beobachten musst, andererseits ist ein manuelles Verkaufen auch nicht unbedingt ratsam aufgrund der menschlichen Psyche: Rote Zahlen im Depot sind nie angenehm, wenn dann an einzelnen Tagen auch noch die gesamte Börse „einbricht“ (wie jüngst aufgrund der Zinsangst mehrmals geschehen), lässt Mensch sich schnell zu panischen Handlungen verleiten: Verkauft man dann vorschnell und die Schwankung war nur kurzfristig, so vernichtet Mensch unter Umständen Geld, da der Wiedereinstieg in diese Aktie/Firma dann schon wieder meist teurer erfolgt. Man hätte diese kurze „Delle“ als besser ausgesessen…

Schauen wir uns also sinnvolle Methoden an, Aktien automatisch verkaufen zu lassen:

Automatisierter Verkauf im Ernstfall
Die meisten Broker sollten einen sogenannten „Stop Loss“ anbieten: Anstelle eines sofortigen Verkaufs stellt man ein Limit ein, zu diesem man seine Aktien abstoßen möchte: SInkt die Aktie dann unter diesen Kurs, wird automatisch eine Verkaufs-Order ausgelöst. So lassen sich die Verluste (zumindest einigermaßen) begrenzen.
Beispiel: Du kaufst heute eine Aktie zu 80 EUR. Dann überlegst Du Dir, dass Du die Aktie „notverkaufen“ möchtest, wenn diese unter 60 EUR sinkt. Also stellst Du (am Besten gleich nach Kauf) eine „Stop Loss“ Order (geschieht meist, indem Du bei der Aktie auf „Verkaufen“ klickst und dann als Ordertyp „Stop Loss“ (manchmal auch „Stop Market“ genannt) auswählst. Dann musst Du das entsprechende Limit (in unserem Fall 60 EUR) angeben und sobald die Aktie auf diesen Wert sinkt, wird Deine Order ausgelöst, die Aktie entsprechend verkauft.
Achtung: Es kann passieren, dass der tatsächliche Verkaufspreis etwas unter Deinem angebotenen Limit liegt: Fällt der Aktienkurs nämlich während der Ausführung Deiner Order weiter, kann es sein dass Du entsprechend weniger erlöst (in unserem Beispiel vielleicht 58,50 anstelle der eingestellten 60 EUR). Dies kann insbesondere passieren, wenn das betroffene Unternehmen nach Börsenschluss negative Meldungen veröffentlicht (z.B. Quartalszahlen) und dann zum Börsenstart am nächsten Morgen eine Verkaufswelle einsetzt. Dennoch begrenzt Du so im Zweifelsfall die Verluste, die Du ansonsten erleiden würdest wenn Du nicht rechtzeitig reagierst.
Praxistipps: Ich definiere lediglich für Aktien einen Stop Loss, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob diese langfristig erfolgreich sein werden. So riskiere ich hohe Verluste, wenn der Markt gegen die Aktie ist (z.B. mal wieder die „Corona-Gewinner“, falls die Pandemie endlich zum Erliegen kommen sollte oder die Nachfrage nach deren Produkten aus anderen Gründen abnimmt). Bei allen anderen Aktien vertraue ich auf eine langfristig positive Entwicklung des jeweiligen Unternehmens, schließlich habe ich mich ja für eine nachhaltige Beteiligung an diesem Unternehmen entschieden.
Stop Loss Aufträge sollten am Besten gleich beim Erwerb der Aktie eingestellt werden und nicht zu knapp am jeweiligen Kurs liegen (je nach Risikobereitschaft würde ich mindestens 20-25% empfehlen, wie im obigen Beispiel), da ansonsten ein vorschneller Verkauf stattfinden kann. Die eingestellten Aufträge sollten regelmäßig kontrolliert und ggf. angepasst werden (nach oben falls das Unternehmen sich gut entwickelt, Du aber dennoch skeptisch bleibst oder nach unten falls z.B. die Konjunktur gerade nachlässt und die Aktienkurse generell sinken, Du einen vorschnellen Verkauf vermeiden willst).
Meist sind derartige Aufträge auch nicht länger als einige Wochen gültig und müssen dann regelmäßig verlängert oder neu eingestellt werden.
Je nach Anzahl der Aktien in Deinem Portfolio wäre auch eine „Split-Strategie“ denkbar: Du verkaufst beim Stopp Loss nicht alle Aktien sondern z.B. lediglich 50%: So reduzierst Du das Risiko, setzt aber nicht alles auf eine Karte und profitierst dann zumindest teilweise, wenn die Aktien wieder steigen.

Automatisierter Verkauf im Erfolgsfall
Auch der umgekehrte Fall ist möglich, nämlich die Realisierung von Gewinnen bei Erreichen eines bestimmten Schwellwerts einer Aktie: In obigem Beispiel könntest Du Dich also entscheiden, dass Du die Aktie, die Du für 80 EUR erworben hast, wieder verkaufen möchtest, sobald diese 100 EUR erreicht. So würdest Du einen Gewinn von 25% erreichen, abzüglich eventueller Gebühren wenn Du nicht bei einem Broker wie finanzen.net zero handelst.
In diesem Fall würdest Du wieder über Verkaufen gehen, diesmal jedoch „Limit Order“ auswählen: Dann kannst Du einen Wunschbetrag eingeben, der mindestens erreicht werden muss zur Ausführungen Deiner Order. In unserem Beispiel also 100 EUR. In diesem Fall kann es vorkommen, dass Du noch mehr als den gewünschten Betrag erzielst, wenn der Kurs bis zur Ausführung Deiner Order weiter steigt.
Praxistipps: Auch diese Order sollte nur bei Aktien von Unternehmen eingestellt werden, wo Du bezüglich eines langfristigen Wachstums skeptisch bist: Ansonsten kann es passieren, dass Du die Aktien vorschnell verkaufst, die Kurse im Folgenden weiter steigen und Du teurer wieder einsteigen musst, falls Du wieder mitgehen möchtest. Sinnvoll ist dieser Ordertyp zum Beispiel dann, wenn über die zukünftige Entwicklung einer Aktie unterschiedliche Expertenmeinungen vorherrschen, wie zum Beispiel im Fall von Tesla: Obwohl ich von einem langfristigen Erfolg des Unternehmens überzeugt bin, ist das Unternehmen aktuell sehr hoch bewertet und eine Kurskorrektur naheliegend. Hier kann es also durchaus Sinn machen, einen „Wunschgewinn“ einzutragen und bei Erreichen zumindest „ordentliche“, wenn schon nicht „maximale“ Gewinne mitzunehmen. Auch hier bietet sich natürlich wieder an, nur einen Teil der Aktien in Deinem Besitz zum Verkauf anzusetzen und so die Aussicht auf weitere Gewinne zumindest teilweise zu nutzen.

Sonderfall: Trailing Stop
Abschließend möchte ich noch auf einen Sonderfall eingehen: Der „Trailing Stop“ (nachlaufender Stop) passt sich der Entwicklung des Aktienkurses an, so musst Du Deine Limitorder nicht ständig aktualisieren. Stattdessen gibst Du keinen absoluten Verkaufspreis als Limit an, sondern einen Abstand in EUR oder Prozentual – hier macht ein Beispiel sicherlich Sinn: Nehmen wir an, Du kaufst wie im obigen Beispiel eine Aktie für 80 EUR. Nun gibst Du zur Absicherung aber keinen Stop Loss sondern einen Trailing Stop von 20 EUR an. Aktuell wäre das Limit für einen Verkauf nach wie vor 60 EUR. Steigt nun aber der Kurs der Aktie auf 85 EUR, wird das Limit zum Verkauf ebenfalls erhöht, und zwar auf 65 EUR. Fällt der Kurs der Aktie nun wieder, bleibt das Limit bestehen, die Aktie wird im Folgenden also schon bei einem gesunkenen Kurs auf 65 EUR verkauft und nicht wie zu Beginn erst ab 60 EUR. Somit sparst Du Dir allzu häufiges anpassen von Stop Loss Kursen, wenn eine Aktie sich zwischendrin positiv entwickelt.

So, hiermit solltest Du also ein paar Ansatzpunkte gefunden haben, wie Du auch den Verkauf Deiner Aktien regeln kannst. Diese automatisierte Einstellung von Verkaufsorders im Ernst- oder Erfolgsfall – idealerweise gleich beim Kauf von Aktien – ist einerseits eine praktische Sache da Du so nicht ständig die Kurse Deiner Aktien verfolgen musst, andererseits schützt sie im Eintrittsfall sowohl vor Angst als auch vor Gier: Du hast Dir nämlich in einer ruhigen Minute überlegt, was Deine Erwartungen und Grenzen an die neu erworbene Aktie sind. Der Trailing Stop passt Deine Erwartungen quasi an die tatsächliche Entwicklung der Aktie an – praktisch!

Hast Du Erfahrungen mit diesen Ordertypen oder hast Du weitere Tricks zum Verkaufen von Aktien? Dann gerne her damit als Kommentar unter diesem Artikel!

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